Katholisches Forum St. Georg: Christliches Menschenbild in Hohenfurth

Certamen
In einer Zeit, in der traditionelle Werte zunehmend hinterfragt werden, versammeln sich Gleichgesinnte regelmäßig, um das christliche Menschenbild zu beleuchten und zu verteidigen. So auch in diesem Jahr im idyllischen Kloster Vyšší Brod, wo das Forum St. Georg seine Jubiläumsausgabe feierte.

Ein wiederkehrendes Highlight für seine treuen Teilnehmer stellt alle Jahre wieder das Katholische Forum St. Georg dar, das in diesem Jahr zum zehnten Mal während des letzten Augustwochenendes im südböhmischen Vyšší Brod tagte. Auch diesmal öffneten sich den Gästen aus Nah und Fern die Pforten des Stifts Hohenfurth, dessen Gründung auf das 13. Jahrhundert zurückgeht. 

Nahe der Grenze zu Österreich, am Oberlauf der Moldau gelegen, liegt das Kloster mit seiner gotischen, im Innern eindrucksvoll barockisierten, Kirche im umliegenden malerischen Böhmerwald und auch die eine oder andere Wolke konnte die vorherrschende gute Laune nicht trüben. 

Den rund 140 Teilnehmern zwischen jungen 16 und stattlichen 92 Jahren wurde erneut ein interessantes und abwechslungsreiches Programm geboten, das im Kern sechs Vorträge zur allgemeinen Thematik „Das christliche Menschenbild – Kompass und Narrativ“ umfasste, denen sich jeweils Fragerunden anschlossen. Viel Zeit wurde auch zum privaten Austausch gelassen; eine katholische Rahmung erfuhr die Tagung durch die tägliche heilige Messe, gefolgt von Sakramentsandachten und dem Gebet des Rosenkranzes. 

Das immer wieder mit amüsiertem Schmunzeln angesprochene hier herrschende „barocke“ Lebens- und vor allem Zeitgefühl manifestierte sich bereits mit dem verspätet beginnenden ersten Vortrag, den der ehemalige Präsident der Tschechischen Republik, Ökonom und Autor Prof. Dr. Vaclav Klaus zum Thema „Die Welt von Heute und ihre Feinde“ hielt. Eindrücklich schilderte der Redner darin die Gefahren, die der westlichen Welt durch die von ihm als „Ismen“ betitelten Geistesströmungen wie dem Genderismus, dem Transhumanismus und dem Globalismus drohen. Als besonders problematisch bezeichnete er es, dass der Feind, anders als etwa zur Zeit des Kommunismus, nicht mehr geschlossen und mit einer sichtbaren Führerfigur auftrete, sondern in einer geistig trägen und ideologisch ebenfalls verblendeten Masse besteht, die scheinbar unkoordiniert, aber trotzdem auf allen gesellschaftlich wichtigen Feldern präsent sei. 

Weiter ging es mit einer Thematik aus dem ökonomischen Bereich: Der an der brasilianischen Mises Academy dozierende Wirtschaftswissenschaftler und Autor Prof. Dr. Anthony P. Mueller, seines Zeichens Vertreter der sogenannten „Österreichischen Schule“, referierte zu „Eigentum und Vermögen als Schutzschilder der Freiheit“. Mit Sachverstand und pädagogischem Geschick zeigte er Korrelationen zwischen dem Schutz des Privateigentums und dem Wachstum von Freiheit und Wohlstand auf und kritisierte darauf basierend die Angriffe auf Privateigentum und -vermögen.

Ebenfalls am Freitag hielt der Bonner Altphilologe und Autor zahlreicher Publikationen zu Liturgie und kirchlicher Tradition Dr. Heinz-Lothar Barth mit einem geistreichen und humorvollen Vortrag zur Frage auf, ob die Orthodoxie eine Alternative zum modernen Rom darstelle. In seinen Überlegungen ging er auf grundlegende theologische und philosophische Unterschiede u. a. in den Punkten Papsttum und Zölibat ein und kam letztlich zum Schluss, dass die, zumindest teilweise, Abkehr von der traditionellen katholischen Lehre durch die moderne Kirche nicht dazu führen dürfe, sich einer ebenfalls nicht mit dieser Lehre in Einklang stehenden Konfession anzuschließen. 

Am Samstag ging es dann mit einem Gast aus Übersee weiter. Der an der St. John’s University New York lehrende Historiker und Publizist Dr. John Rao, berichtete über den Weg des traditionellen Katholizismus in den USA und betrachtete in diesem Zusammenhang auch die europäische Situation. Ein besonderes Augenmerk legte er dabei auf die Unterminierung christlich-abendländischen Denkens durch den Einfluss der Philosophien John Lockes und Francis Bacons, die heute maßgeblich das US-amerikanische Selbstverständnis bestimmen, aber im strikten Gegensatz zur traditionellen katholischen Auffassung des Naturrechts stehen. Dabei sprach er auch über die von vielen traditionell-katholischen US-Amerikanern so empfundene Schwierigkeit, sich mit den protestantisch-liberal beeinflussten Gründungselementen der USA zu arrangieren.

Von nicht minderer Bedeutung war auch der vom Ehepaar Bernhard und Ursula Luthe gehaltene Vortrag zum Thema „Zur Liebe gehören Drei. 40 Jahre Ehe mit Gott“. Die Luthes, die seit vielen Jahren Eheseminare und Ehevorbereitungskurse für katholische Paare geben, legten mit viel Takt und witzigen Anekdoten zwölf Punkte dar, die für sie die Grundlagen einer guten Ehe ausmachen, allen voran die grundsätzliche Ausrichtung auf Gott und seine Gebote. Dabei ginge es, wie Bernhard Luthe unter viel Gelächter bemerkte, nicht darum, sein persönliches Glück in der Ehe zu suchen. Vielmehr zeigte der Vortrag, dass es die Kernaufgabe der Ehe ist, den Ehepartner glücklich zu machen, ihn also in seinem Streben hin zu Gott zu unterstützen und zu begleiten.

Die Vortragsreihe schloss mit einem Beitrag des ebenfalls angereisten Weihbischofs Athanasius Schneider zum Thema „Die Kirche und ihre Feinde: Wege zum Widerstand“, der bereits zum wiederholten Mal als Gastredner in Hohenfurth zugegen war. In seiner ruhigen, ermutigenden Art wies er darauf hin, dass die gegenwärtige Leidenszeit in Kirche und Gesellschaft nicht nur Grund zur Sorge gebe, sondern auch die Möglichkeit zur Selbstheiligung böte. Sein Aufruf lautete: „Sehen Sie es auch als Ehre an, für Christus leiden zu dürfen!“ 

Der Rahmen der Tagung überzeugte einmal mehr. Gutes Essen, angeregte Gespräche an jeder Ecke – sowohl der Teilnehmer untereinander als auch im Austausch mit den Referenten –, Kaffeepausen in regelmäßigen Abständen und die bereits angesprochene liturgische Gestaltung, die am Sonntag in einem Pontifikalamt gipfelte, dass von S. E. Weihbischof Schneider im Beisein der Zisterzienserkommunität zelebriert wurde.

Erfreulich ist auch die Entwicklung des Stifts, die sich bei jeder Tagung eindrucksvoll manifestiert. 1941 von den Nationalsozialisten aufgehoben und unter kommunistischer Herrschaft in eine Kaserne umfunktioniert, war der stattliche Gebäudekomplex eigentlich dem Verfall überlassen worden. Heute blüht wieder das geistliche Leben in ihm, die junge, vom Stift Heiligenkreuz unterstützte Zisterzienserkommunität wächst stetig. Nach und nach werden die Gebäude einer Generalsanierung unterzogen und gerade der zur Verfügung gestellte Tagungssaal erstrahlt wieder in neuem Glanz. Ein bisschen stillzustehen scheint die Zeit in Hohenfurth immer, wenn auch die Moldau in ständiger Bewegung ist und das Wochenende schneller vorbeigeht, als es einem lieb ist. Gut nur, dass man sich den Termin, d.h. das letzte Augustwochenende, für das nächste Jahr gleich wieder im Kalender vormerken kann.

KATHOLISCHES FORUM ST. GEORG

Einmal im Jahr findet eine Sommer-Akademie in Stift Hohenfurth, unter reger Teilnahme von Referenten und Gästen aus dem Kreis der katholischen Tradition statt. Hier finden Sie einige Beiträge der letzten Jahre.